Titelbild: Pfäffikon-Burg

Lebensbild einer Gassenszene in der Pfahlbausiedlung Pfäffikon-Burg. Illustration: bunterhund.ch.



Eine Geschichte vor unserer Zeit
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Ich komme mit den anderen Kindern aus dem Wald zurück. Wir haben Schlehen, Eicheln, Vogelbeeren und Brennholz gesammelt. Die schweren Körbe schmerzen auf den Schultern. Im Dorf empfängt uns das helle Klopfen von Stein auf Stein, vermischt mit den Schleifgeräuschen vom Polieren der Äxte. Zwei Frauen und ein Mann stellen in der Gasse Steinbeilklingen her; eine Spezialität des Dorfes, die sie im Nachbardorf gegen Kleidungsstücke aus Lindenbast eintauschen werden. Im Dorf wird alles Lebensnotwendige selbst hergestellt, besondere Dinge werden zum Tauschen verwendet. Vom Haus nebenan tönt Kindergeschrei, es wird gerufen und gehustet. An einer Leine hängt der Fisch vom letzten Fang und wird geräuchert. Das riecht zwar lecker, aber der Rauch bringt alle zum Husten. Wie gerne würde ich vom Fisch naschen, doch der wird für den Winter und ebenfalls zum Tauschen gebraucht. Zum Glück sind die Wassergeister dem Dorf wieder wohlgesonnen und die Fische kommen in Scharen zu den Fangstellen. Der Fang im letzten Jahr war schlecht: Die Fische liessen sich nicht fangen, und die Leute hungerten. Ich kann mich noch gut an den schmerzenden Bauch und den nagenden Hunger erinnern. Eines der jüngeren Kinder ist sogar gestorben. Im Haus gegenüber webt Grossmutter an einem der hübschen Tücher aus buntem Garn. Langwierig und mühsam war es, den Lein anzupflanzen, ihn zu pflegen, zu ernten, zu rösten, zu hecheln, zu spinnen und einzufärben – doch es lohnt sich, überlege ich mir, als ich der alten Frau bei der Arbeit zusehe.

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Pfäffikon-Burg

Eine Pfahlbausiedlung



Die Fundstelle Pfäffikon-Burg war vor 5100 bis 5000 Jahren besiedelt. Während diesen etwa 100 Jahren wurde sie dreimal neu bebaut. Eine der drei «Siedlungsruinen» zeigt eine sensationelle Erhaltung und enthält viele Funde aus Holz und anderem pflanzlichem Material. Die aussergewöhnliche Menge zurückgelassener Gegenstände hat Spekulationen über ein Siedlungsende im Zusammenhang mit einer Katastrophe veranlasst. In einigen Bereichen wurden extrem hohe Konzentrationen von Resten der Leinverarbeitung oder sehr grosse Mengen von Steinbeilen und deren Herstellungsabfällen festgestellt.

 

Die Bäuerinnen und Bauern von Pfäffikon-Burg bauten Getreide, Mohn, Lein und Erbsen an. Sie sammelten, was das Umland hergab, zum Beispiel Himbeeren, Wildäpfel und Hagebutten. Ausserdem züchteten sie Schafe, Ziegen, Schweine, Hunde und Rinder, sie jagten Hirsche, Igel, Frösche und Füchse und sie fischten Rotaugen, Hechte und Barsche. Von den Haustieren wurden am häufigsten Schweine und Hunde gegessen. Die Kochtöpfe aus Keramik stellte man direkt ins Feuer. Immer wieder brannte etwas an und bildete Krusten im Inneren der Töpfe, nachgewiesen wurden zum Beispiel Reste von Eintopfgerichten aus Getreide und geräuchertem Fisch.




Funde aus Pfäffikon-Burg geben einzigartige Einblicke in das Leben vor 5000 Jahren: Schmuck aus flachen Kieseln, Steinperlen, Bären- und Hundezahnanhänger, ein Döschen aus Hirschgeweih, Koch- und Vorratstöpfe, geschnitzte Holzplatten, Schöpflöffel und ein Schwingbesen.

Fotos: Kantonsarchäologie Zürich, M. Bachmann.



Die Ausgrabung



Die Ausgrabung einer Feuchtbodenfundstelle ist ein aufwendiges Unterfangen. Ausgräber*innen tragen die Schichten mit Kellen Stück für Stück ab. Damit sie kleine Funde wie Fischwirbel, Steinperlen und Nähnadeln nicht übersehen, gehen sie besonders umsichtig vor. Textilfunde werden leicht zerstört und auch Funde aus Holz und Hirschgeweih sind durch die lange Lagerung im Boden aufgeweicht. Bis zur Konservierung müssen sie ständig feucht gehalten werden, denn sonst zerfallen sie.

 

Alles wird fotografiert und gezeichnet. Schicht um Schicht arbeiten sich die Ausgräberinnen und Ausgräber in die Vergangenheit vor. Je tiefer unten, desto älter die Schichten. Für die Untersuchung von Kleinstfunden und Pflanzenresten werden Proben entnommen, die Aufschluss über Umweltbedingungen und Ernährung geben. Heute werden die organischen Schichten teilweise auch genetisch untersucht.



Die Ausgrabung Pfäffikon-Burg zog im Jahr 1997 am «Tag des offenen Bodens» viel Publikum an. Typisch sind die dunklen Schichten aus Abfall und Fäkalien, in denen die organischen Funde überdauerten.

Foto: Kantonsarchäologie Zürich.

Lochaxt aus Serpentinit mit einem Holzschaft. Das Loch für die Schäftung wurde aufwändig mit Sand und Hollunderstäben in den Stein gebohrt. Wirklich funktionsfähig waren die Äxte mit den dünnen, zerbrechlichen Griffen nicht, sie dienten wohl eher repräsentativen Zwecken.
Foto: Kantonsarchäologie Zürich, M. Bachmann.

In Pfäffikon-Burg fanden sich auffallend viele Reste der Steinbeil- und Axtproduktion. Diese Bohrzapfen entstanden beim Durchbohren der Steinklingen für das Schaftloch.
Foto: Kantonsarchäologie Zürich, M. Bachmann.

Kinder lernten früh mit Pfeil und Bogen umzugehen. Die kleinsten Pfeilbogen könnten Dreijährigen gehört haben.
Foto: Kantonsarchäologie Zürich, M. Bachmann.

Die Keramik von Pfäffikon-Burg ist typisch für die Zeit vor 5000 Jahren: grob gemachte Koch- und Vorratstöpfe im sogenannten Horgener Stil. Interessant ist, dass die zeitgleich entstandenen Holzobjekte dagegen sehr fein und vielfältig sind.
Foto: Kantonsarchäologie Zürich, M. Bachmann.

Erhaltungsbedingungen und Gefährdung der Pfahlbaufundstellen



Profilschnitte durch die Sedimente der Seeufersiedlungen sind meist hell-dunkel gestreift. Die hellen Seekreideschichten sind natürliche Kalkausfällungen. Sie wurden unter Wasser gebildet, als die Stelle unbesiedelt war. Die dunklen Schichten bestehen zu einem erheblichen Teil aus dem Abfall der Siedlungen. Dieses organische Material – die Besonderheit der Pfahlbauten – bleibt nur erhalten, wenn es rasch von natürlichem Sediment zugedeckt wird.

 

Die Überlieferung von Pfahlbaufundstellen setzt besondere Umstände voraus: Die Sedimente müssen immer wassergesättigt bleiben, sonst dringt Sauerstoff ein und Mikroben zersetzen die organischen Funde. Schon kleine Störungen der Fundstellen gefährden diese. Unmittelbare Bedrohung geht von direkten baulichen Eingriffen aus, aber auch Eingriffe in der Umgebung oder am Rand können die über Tausende von Jahren unversehrt gebliebenen Schichten in kurzer Zeit zerstören. Besonders gefährlich sind Wellen und Strömungen von Booten oder schleifende Bojenketten und Anker.

Profilschnitt durch die Schichten der Pfahlbausiedlung Pfäffikon-Burg. Der Sockel aus hellen Seekreideschichten ist kein stabiler Untergrund. Durch einen Bruch wurden die organischen Schichten (dunkel) verschoben und ausgewaschen. Die Verschiebungslinien sind hellblau gekennzeichnet.
Foto: Kantonsarchäologie Zürich.

Zu den aussergewöhnlichen Funden aus Pfäffikon-Burg gehören drei verzierte Döschen aus Hirschgeweih. Was sie enthielten, ist nicht bekannt, es wird wohl etwas Wertvolles gewesen sein.

Foto: Kantonsarchäologie Zürich, M. Bachmann.

Die Kantonsarchäologie barg das Seil aus Lindenbast im Sedimentblock aus der Fundschicht und legte es im Labor der frei.

Foto: Kantonsarchäologie Zürich, M. Bachmann.

Abtrag der archäologischen Schichten in Pfäffikon-Burg während der Ausgrabung 1997.
Foto: Kantonsarchäologie Zürich, C. Renold.

In Pfäffikon-Burg kam ein Fragment einer Türe zum Vorschein. Das Türblatt wurde aus mehreren Brettern zusammengesetzt und an einer Angel mit Zapfen befestigt. Die Zapfen setzte man drehbar in Schwelle und Sturz ein. Auf dem Foto sind die Angel sowie eine Einschubleiste markiert.

Foto: Kantonsarchäologie Zürich.

Die Illustration zeigt, wie man sich das in Pfäffikon-Burg gefundene Türfragment als ganze Türe vorstellt.

Zeichnung: Kantonsarchäologie Zürich.

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